Norddeutsche allgemeine Zeitung - setkání Františka Josefa I. a cara Alexandra III. v Kroměříži


Norddeutsche allgemeine Zeitung (Ausgabe 392), 24. 8. 1885

Nr. 392. Berlin, Montag den 24. August 1885, Abends

Die Kaiserbegegnung in Kremsier.
(Von unserem Spezialberichterstatter.)
h. Kremsier, 23. August.
(...)
Daß die guten Kremsierer ihre Häuser fast sämmtlich haben neu anstreichen lassen, wurde bereits erwähnt; im Uebrigen wiederholt sich auch hier das Bild, welches wohl jede Stadt bietet, wenn es gilt, sich zum Empfange des Herrschers würdig herauszuputzen. Hier entstehen Ehrenpforten, dort werden noch rasch die ärgsten Mängel des Straßenpflasters beseitigt; die Häuser bekommen ihren grünen Schmuck, und wohin auch das Auge sieht, überall trifft es auf lustig sich blähende Fahnen, auf das Schwarzgelb der Habsburger, auf das Blauweiß, welches die Kaiserin an ihre bairische Heimath erinnert, und endlich auf das Weißroth, welches die Farben des Kronlandes Mähren sind. Aeußerst gefällig wirkt die geschmackvolle Weise, in der die meisten Häuser ihre Wandflächen und Gesimse noch farbig drapirt haben; befremdend dagegen ist der absolute Mangel an Blumen, für welche die papiernen Nachahmungen doch wahrhaftig keinen Erlaß bieten.


Wenn am morgenden Tage der Telegraph von der Ankunft des Kaisers Franz Josef und der Kaiserin Elisabeth meldet, wird er auch eines Banderiums gedenken, welches das erlauchte Herrscherpaar begrüßt. Es ist dies eine Sitte, welche man ganz ausschließlich nur in Mähren und Böhmen findet, und Schreiber dieser Zeilen erachtet es als seine Pflicht, hierüber noch einige orientirende Worte zu sagen. In früheren Jahrhunderten, als in diesen Landen noch nicht die Sicherheit herrschte, deren sie sich heute erfreuen, waren, wenn der Landesfürst reiste, die Bauern der verschiedenen Kreise verpflichtet, sich dem Könige als Schutzwache während seiner Durchreise zur Verfügung zu stellen, seinem Wagen voranzureiten und zu folgen. Eine derartige berittene und bewaffnete Mannschaft nannte man ein Banderium. Diese Sitte hat sich nun bis in die Neuzeit erhalten, wenngleich ihr Zweck längst hinfällig geworden ist; sie ist eine ländliche Huldigung gegenüber dem Kaiser, welche die erwünschte Gelegenheit zur Entfaltung gehörigen Gepränges giebt. Für den Zuschauer, speziell für den Kulturhistoriker sind diese Banderien dadurch interessant, daß die einzelnen Theilnehmer in den oft sehr malerischen Trachten ihres Heimathsortes erscheinen und selbst Kostüme tragen, welche vor Jahrhunderten Mode waren. Es ist nicht einmal eine Seltenheit, echte Kostüme und Waffen aus der Hussitenzeit zu erblicken. Die Pferde erhalten ihren Schmuck durch Bast, der in die Mähnen geflochten wird, und durch große Blumensträuße, welche am Riemenzeuge befestigt sind, während die Reiter durch ihre sonderbar geformten kurzen Jacken ohne Aermel, den breiten, kunstvoll gestickten Lederriemen und die engen, ebenfalls gestickten Beinkleider dem Zuge ein überaus pittoreskes Ansehen geben. Unglaublich ist der Reichthum, der in einzelnen dieser Kleidungsstücke steckt, und die Stickereien und Spitzen, welche viele der groben Hanfhemden zieren, würden dem Ballkleide einer vornehmen Dame zur Ehre gereichen. Als eine Art künstlerischer Beigabe wird sich morgen dem Banderium noch ein hannakischer Hochzeitszug anschließen.

Moravské barvy bílá a červená,
Bíločervený prapor odvozený
ze stříbrnočerveně šachované
moravské orlice

Domy dostaly svoji zelenou výzdobu (myslí se dekorace udělané ze chvojí), "a kamkoli se oko podívá, všude se naráží na vesele se vzdouvající vlajky, na černožlutou Habsburgů, na modrobílou, která císařovnu upomíná na její bavorský domov, a konečně na bíločervenou, což jsou barvy korunní země Moravy."

(...)
Kremsier, Montag 24 August. Die Stadt prangt festlich geschmuckt; unter der großen Menschenmenge fallen namentlich die Landbewohner in ihrer reichen Nationaltracht auf. Die Ordnung auf den Straßen werden bei dem Einzuge des Kaiserpaares die Veteranen und korporationen aufrecht erhalten. Die Schuljugend bildet Spalier. Auf dem Bahnhof werden der Kaiserin namens der Stadt und bei dem Schlosse namens der Landgemeinde Blumenbouquets überreicht werden.